Event Pics - Kiss im Hallenstadion (7.7.22)
Rauschende Abschiedsparty
Ich war eigentlich nie ein Kiss-Fan. Und seien wir ehrlich, nun lohnt es sich auch nicht mehr, einer zu werden. Aber als ich die Zusage bekam, die Band fotografieren zu dürfen, bin ich wie eine Irre herumgehüpft.
Genau 3 Jahr und 3 Tage zuvor hatte ich nämlich schon einmal im Hallenstadion gestanden, hatte mir eine Kiss-(Abschieds)-Show angeschaut und mich geärgert, dass ich da nie im Fotograben hatte stehen können. Und nun hat es doch noch geklappt.
Letztes Mal fand ich es ganz nett. Dieses Mal war es grossartig. Und so waren auch die Feedbacks von Freunden und Bekannten: „geile Party“ / „würde direkt nochmals gehen“ / „a fuckin’ blast“ / „Pauls Stimme war besser als auch schon“ / „musikalisch noch nie so gut wie heute“ / „besser kann man sie nicht in Erinnerung behalten“.
Etwas untergegangen in der ganzen Euphorie ist die Vorband. Krokus-Sänger Marc Storace hatte mit seiner nach sich selbst benannten Band die Ehre (oder war es eher eine undankbare Aufgabe?), vor Kiss zu eröffnen. Die Band gab sich redlich Mühe, wirkte engagiert und fröhlich. Doch leider ist nicht viel hängen geblieben, ausser vielleicht der Titeltrack des aktuellen Albums „Live And Let Live“, und der Sound war auch nicht berauschend. Aber eben: An diesem Abend war der Fokus anderswo.
Nämlich bei vier Herren, die auf Podesten „vom Himmel“ herabschwebten, um uns Rock’n’Roll zu bringen. Nach fast 50 Jahren sollte man ja langsam wissen, wie’s läuft. Und Kiss überliessen eh selten etwas dem Zufall. Die Show ist perfekt choreographiert und getimet - wie jede gute Show. Es klöpft und tätscht ständig irgendwo und man weiss eigentlich kaum, wo hinschauen. Gene Simmons läuft der Sabber von der langen Zunge, die er bereitwillig immer wieder herausstreckt. Paul Stanley ist ein wahrer Schwerarbeiter auf der Bühne, post, animiert, sagt an. Mit Tommy Thayer und Eric Singer haben die beiden zwei Musiker eingestellt, die sich sehr gut in den Dienst der Band stellen. Neben dem Freak Gene und dem Dirigent Paul wirken sie zwar vergleichsweise unscheinbar, aber sie tragen einen grossen Teil dazu bei, dass das alles so gut ist, wie es eben ist.
Trotz all der Special Effects und der grossen Routine liegt eine gute Stimmung über allem, es ist keine Pflichtübung. Zum Abschied nochmals alles geben, das scheint das Motto zu sein. Und zu „allem“ gehört das Feuer- und Blutspucken von Gene, die Solos von Tommy und Eric, der „Flug“ von Paul zur kleinen Bühne in der Menge - und natürlich jede Menge Hits. Von „Detroit Rock City“ über „Lick It Up“ zu „I Was Made For Loving You“. Immer wieder mal sah ich irgendwo ein besonders fröhliches Gesicht, weil wohl gerade das persönliche Highlight dieses Menschen gespielt wurde.
Zwischen „Tears Are Falling“ und „Psycho Circus“ gratulierte Paul Sophie, der Tochter von Gene, die an diesem Abend nicht nur ihren 30. Geburtstag sondern auch ihre Verlobung feierte. Sie stand mit Freunden und Familie auf einem Podest mitten in der Halle. Alle sangen „Happy Birthday“, Sophie war sehr erfreut, und Gene tupfte sich die Augen mit seinem Fledermaus-Flügel.
Von diesem rührenden Moment abgesehen, war es wirklich einfach eine riesige Party, ein gigantisches Abschiedsfest. Am Ende wurden die Unmenge an Konfetti wohl nur noch von den Glücksgefühlen übertroffen, die die Menschen mit nach Hause nahmen. Mir persönlich haben „Calling Dr. Love“ und „Black Diamond“ besonders gut gefallen. Ich habe dann später in dieser Nacht noch zwei Die-hard-Fans gefragt, was denn für sie das Beste an diesem Abend gewesen sei. Die Antworten waren „alles“ und „was für eine dumme Frage“. Das lass ich mal so stehen.
Text & Bilder: Leandra Jordi