Event Pics - Herbert Grönemeyer am 10.6.2016 in der AFG Arena St. Gallen
Die wirklich warmen und sonnigen Tage dieses Sommers lassen sich bisher an einer Hand abzählen. Der 10. Juni ist aber einer davon. Petrus mag offensichtlich Herbert Grönemeyer. Dieser macht auf seiner „Dauernd Jetzt“-Tour einen Halt in der St. Gallener AFG Arena. Der Vorverkauf harzte zwar und tatsächlich hätte es noch so einige Plätze zu verkaufen gegeben, aber für einen grossartigen Abend ist das Stadion genügend gefüllt. Im Verlaufe des Konzerts kündigt Herbert Grönemeyer an, sein Abschiedskonzert mit 92 Jahren zu geben. Vermutlich schafft es Schwarzeliste.ch bis dahin nicht, für eines seiner Konzerte einen Fotografen entsenden zu dürfen, denn dass wir bis dahin zum Printmedium werden ist äusserst unwahrscheinlich. Umso besser, wenn man Bekannte mit Klickomat im Golden Circle hat, die einen nach dem Konzert mit Bildern beliefern. Herzlichen Dank Christian Bechtiger für deine Fotos!
Als Support für die Tour verpflichtete Grönemeyer den Mundartrapper und Beatboxer Knackeboul. Dieser wurde von Marie Grönemeyer „entdeckt“ als er für die Organisation „Viva con Agua“ in Uganda auf der Bühne stand. Wer Knackeboul schon live erlebt hat, weiss, dass dieser jede Bühne meistern kann. Mit Loopgerät Gudrun, Wortwitz, Tiefgründigkeit, komödiantischem Talent und aberwitzigem Freestyle-Tempo hat er jedes Publikum schnell im Sack. Obwohl um 19.00 die AFG Arena stellenweise noch recht leer ist, geht es dank ihm bereits munter zu und her in der Heimstätte des FC St. Gallen. Ganz besonders im Golden Circle, wo beste Stimmung herrscht. Im Schnellverfahren bringt Knackeboul dem Publikum das Beatboxen bei, präsentiert sein aktuelles Album „Knacktracks“ und widmet dem Besucher Michel aus dem Stegreif einen eigenen Song. Auf die Frage hin, wer sich auf Herbert Grönemeyer freue, hatte dieser auf die Bühne gerufen: „Du bisch aber au e geile Siech!“. Ab jetzt ist er stolzer „Eigentümer“ des Songs: „Michel - schön, dass du do besch“.
Ab 19.30 füllt sich das Stadion langsam aber sicher. Und sogar etwas verfrüht beginnt die Band um Herbert Grönemeyer das Konzert mit Intro und „Unter Tage“. Unter tosendem Applaus kommt Grönemeyer dazu und rennt die Bühne singend rauf und runter mit dem Elan eines Zwanzigjährigen. Während des Abends stellt er seine Band und sein Team, einen nach dem anderen, vor. Als erstes kommt diese Ehre dem offenbar bestaussehendsten Roadie der Welt - Torben - zu. Man habe ihn speziell für die Frauen mitgenommen, meint Grönemeyer, da die eigene Optik langsam verloren gehe... Mit gekonntem Hüftschwung und einer - das Publikum begeisternden - Tanzeinlage geht es weiter mit dem aktuellen Album „Dauernd Jetzt“. Mit „Unser Land“ ruft Grönemeyer zu Menschlichkeit und Mitgefühl auf. Den ersten Riesenjubel erntet er vom Publikum für „Bochum“ und er erweitert den Text gleich um ein: „Du bist keine Weltstadt - genau so wie St. Gallen.“ Das Publikum lässt er immer wieder alleine singen und beim folgenden Block alter Hits kommt richtig Stimmung auf: Ein Stück vom Himmel, Männer, Was soll das? Zwischen den Stücken unterhält er die Besucherinnen und Besucher mit den dazugehörigen Anekdoten. Nach Dreiviertelstunden wird von einer Gruppe muskelbepackter Helfer ein Flügel auf die B-Bühne gehoben. Ohne Begleitung - nur Stimme und Flügel - präsentiert Grönemeyer „Roter Mond“ im Gedenken an alle Vertriebenen dieser Welt. Mit einer jazzigen Version von „Flugzeuge im Bauch“ spielt er ein Stück, das er nach eigenen Angaben eigentlich gerne loswerden würde, das aber an jedes Konzert mit will. Wenn man den Applaus betrachtet, den Grönemeyer dafür erntet, wird klar, das er es definitiv nie los werden wird. Wer sich bis um 21.00 noch nicht umarmt, tut dies spätestens bei „Der Weg“ und natürlich wird auch das eine oder andere Taschentuch gezückt. Gänsehaut pur. Die nächste Grönemeyersche Tanzeinlage folgt zu „Fisch im Netz“. Mit dem Eindunkeln kommt langsam die Lichtanlage zum Tragen und die Wellen und das Händeschwingen, die Grönemyer im Publikum auslöst, sehen im harten Licht beeindruckend aus. Grönemeyer und sein Publikum liefern sich eine kleine „St. Gallen-Jam Session“ und schon geht‘s weiter mit „Alkohol“ und einem Besuch Grönemeyers in der Menge. Kurz vor halb zehn verabschiedet er sich und bedankt sich für den schönen Abend. Mit „Bleibt alles anders“ wird nochmals so richtig Vollgas gegeben und die Band verabschiedet sich mit einer Welle. Aber wer öfters auf Grönemeyers Konzerten ist, weiss, dass dieser immer noch für zwei oder drei Zugabenblöcke zu haben ist. So auch heute. Mit „Morgen“ kommt die Band ein erstes Mal zurück auf die Bühne. In den vordersten Fanreihen werden Wunderkerzen angezündet und bald folgt ein Lichtermeer aus Handys im ganzen Stadion. Ein paar Buh-Rufe gibt‘s im Publikum bei der Ankündigung für den WM-Song „Zeit, dass sich was dreht“, der halt eben nicht der Schweizer Nationalelf gilt. Mitgesungen wird trotzdem kräftig. Kurz vor 22.00 gibt‘s die zweite Zugabereihe mit: Land unter, Letzter Tag, Mambo (inklusive dem Hauch eines Strips von Grönemeyer), Ich dreh mich um dich, Feuer mich und Halt mich ... und danach muss ich so dringend aufs Klo, dass mir der Rest entgeht. Auf jeden Fall dauert das ganze Konzert geschlagene 2 Stunden und 40 Minuten und ist ein gelungender Mix aus fast vierzig Jahren Herbert Grönemeyer. Bleibt zu hoffen, dass er trotz des nicht ausverkauften Konzerts noch einige Male in die Schweiz kommen wird, bevor er dann mit 92 Jahren seinen Abgang macht. Vielen Dank für einen schönen Abend - auch an Sie, Herr Grönemeyer!
Bericht: Stephanie Wittmer
Fotos: Christian Bechtiger